Eigentlich wollten wir ja an die nordöstlichste Spitze der Olympic Peninsula, nach Port Townsend, das wiederum auf einer Halbinsel liegt, nach Osten umgeben von der Port Townsend Bay, nach Norden vom Puget Sound bzw. der Strait Juan de Fuca und nach Westen von der Discovery Bay. Landschaftlich auch wieder traumhaft, wie wir auf einer Tagesfahrt von Hoodsport aus schon „erfahren“ hatten. Und sehr erstaunt/erfreut waren wir über das Städtchen! 1851 gegründet, ausgestattet mit einem geschützt liegenden Hafen, erreichte die Stadt rasch Bedeutung und Wohlstand, heute noch an den relativ vielen großen Steingebäuden zu merken. Mit Stein baute nur, wer Geld hatte. Es gab Pläne, den Hafen zum größten an der Westküste der USA auszubauen, und man rechnete damit, an das Eisenbahnnetz der Northern Pacific Railroad angeschlossen zu werden. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts blühte die Stadt, es wurden imposante Holzhäuser im sogenannten viktorianischen Stil erbaut. Der war damals in Mode und beinhaltete die unterschiedlichsten Stilrichtungen, es war quasi alles möglich. Als der Eisenbahnbau östlich des Puget Sounds bei Tacoma und Seattle endete und damit die großen Pläne scheiterten, verfiel die Stadt über 100 Jahre in Depression, Investoren zogen sich zurück, die arbeitslose Bevölkerung zog zwangsläufig größtenteils fort. Erst ab 1970 kamen verstärkt und überwiegend Pensionäre zurück in die Stadt und man fing an, die (viktorianischen) Häuser zu restaurieren. Die Bevölkerungszahl liegt aktuell bei ca. 9500 Einwohnern, man setzt auf Tourismus und Wassersport und im Sommer gibt es viele kulturelle Veranstaltungen. Als erhaltenswürdig und einmalig ist Port Townsend offiziell gekennzeichnet als „National Historic Landmark“. Obwohl am äußersten Ende des Jefferson County gelegen, ist es doch sowohl Hauptstadt als auch Gerichtssitz desselben. Entsprechend imposant ist das Courthouse. Uns hat es wohl auch deswegen so gut dort gefallen, weil die Innenstadt (Downtown) einerseits relativ europäisch wirkt, die Außenbezirke (Uptown) aber wunderbar altmodisch und liebevoll gestaltet sind. Ein Rothschild-Nachfahre hatte sich dort mit einem Kaufhaus niedergelassen und eine Villa erbaut, die bis 1954 von Familienangehörigen bewohnt wurde, heute ist sie ein Museum.
Wir haben aus Zeitgründen darauf verzichtet, die Stadt noch einmal zu besuchen, sondern sind auf direktem Weg an die Nordküste der Olympic Peninsula, an die Strait of Juan de Fuca, gefahren.
Den ersten Stopp machten wir bei Sequim im „John Wayne’s Waterfront Resort“. Es heißt so, weil John Wayne die Bucht und den Hafen so gemocht haben und dort oft gewesen sein soll.
Bekannt ist Sequim jedoch seit 17 Jahren durch den Anbau von Lavendel! Man hatte festgestellt, dass die klimatischen Bedingungen gleich sind mit denen in Südfrankreich und hat in der Hoffnung auf ähnliche Popularität angefangen, Lavendel zu vermarkten. Es gibt 10 „Lavender Farms“, ein Festival im Juli und allerlei sonstige Aktivitäten.
Von Sequim sind wir weiter westlich bis kurz hinter Port Angeles gefahren und stehen direkt an der Strait of Juan de Fuca, die die Nordküste der Olympic Peninsula von Vancouver Island trennt. Hier ist es schon richtig rau und ursprünglich. Der Campground hat seinen eigenen Naturstrand, wir stehen mal wieder, wie wir es lieben, mit Blick auf’s Wasser, es gibt oft Seenebel, es stürmt, Rehe überqueren den Platz, es gibt Weißkopfseeadler (das Wappentier der USA) zu sehen. Herrlich!
Heute (Mittwoch) haben wir die restliche Küste abgefahren bis fast zum nordwestlichsten Kap der USA, bis Neah Bay. Dort ist noch Indianergebiet, allerdings nur in Form von vielen verschiedenen Reservaten. Seit mehr als 1000 Jahren leben hier die Makah-Indianer, die im Jahr 2000 Aufsehen dadurch erregten, dass sie ihr Traditionsrecht auf Walfang offiziell durchsetzten. Weitere noch existierende Stämme sind u. a. die Suquamish oder die S’Klallam. Von letzteren haben wir ganz interessante Totempfähle besichtigen können und miterlebt, wie sie heute wieder/noch hergestellt werden.
Morgen nehmen wir die Fähre von Port Angeles nach Victoria auf Vancouver Island. Unsere von der kanadischen Wohnmobilversicherung genehmigten 29 Tage USA sind vorbei und so werden wir uns die nächsten 10-14 Tage in Kanada aufhalten, bevor wir ein zweites Mal in die USA einreisen. Vancouver Island stand sowieso auf unserem Reiseplan.
Hallo Ihr beiden Halbamerikaner, Danke noch einmal für die ausführlichen Berichte mit Kartenmaterial(!). Ich reise mit Euch mit, meine Karte datiert jedoch aus dem Jahr 1977, manche Orte wie Hoodsport sind bei mir winzig klein und kaum zu finden. Sitze im Moment bei mir auf der Terrasse zwischen „Lavendel- und Kieferbüschen“ und bin ganz nah bei Euch.
LG Harald.